§ 23 EStG und die Veräußerung eines Miteigentumsanteils

Entscheidung: FG München v. 11.3.2021 – 11 K 2405/19

In dem Streitfall geht es darum, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Einfamilienhaus als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuern ist. Der Kläger und seine frühere Ehefrau (E) erwarben das Einfamilienhaus gemeinsam zu jeweils hälftigem Miteigentum. Sie bewohnten das streitgegenständliche Einfamilienhaus bis zum Jahre 2015 zusammen mit dem gemeinsamen Sohn (S), der im Streitjahr neun Jahre alt war. Im August 2015 zog der Kläger aufgrund der Trennung von E und der beabsichtigten Scheidung aus dem gemeinsamen Haus aus, das von E und S weiterhin bewohnt wurde. 2017 veräußerte der Kläger sein Miteigentum an E.

Dem Urteil des FG München vom 11. März 2021 sind folgende tragende Entscheidungsgründe zu entnehmen:

  • Das Finanzamt hat den Veräußerungsgewinn des Miteigentums als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu Recht besteuert.
  • Die Ausnahmeregelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, wonach die Veräußerung einer Immobilie, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, kein privates Veräußerungsgeschäft darstellt, war im Streitfall nicht erfüllt. Eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest „auch“ selbst nutzt. Unschädlich ist es, wenn er die Immobilie gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt.
  • Es liegt keine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.
  • Eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt deshalb auch dann nicht vor, wenn die Wohnung nach dem Auszug des Steuerpflichtigen aus dem gemeinsamen Familienheim nicht einem i.S. des § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind zur alleinigen Nutzung, sondern auch einer anderen – ggf. auch unterhaltsberechtigten – Person wie der ehemaligen Lebensgefährtin und Kindesmutter zur gemeinsamen Nutzung mit dem Kind überlassen wird.
  • Etwas anderes könnte eventuell dann gelten, wenn eine alleinige Wohnnutzung des hälftigen Miteigentumsanteils des Klägers durch dessen minderjährigen Sohn S gegeben wäre. Denn die unentgeltliche Nutzung einer Wohnung durch das Kind des Eigentümers ist diesem als eigene Nutzung zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner Unterhaltspflicht obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen.
  • Im Streitfall negierte der erkennende Senat eine eigene Nutzung des Kindes, weil es nicht glaubhaft sei, dass der hälftige Miteigentumsanteil des Klägers dem S zu dessen alleinigen Nutzung überlassen wurde. Es ist nicht vorstellbar, dass ein neujähriges Kind eigenständig anteilig den Haushalt eines Einfamilienhauses führt und dabei etwa regelmäßig die Reinigung der Räume übernimmt und anfallende Reparaturen und Gartenarbeiten durchführt oder auf eigene Rechnung in Auftrag gibt.
  • Der erkennende Senat des Senats des FG München hat die Revision wegen Fortbildung des Rechts zugelassen. Der Kläger hat sodann die Revision auch eingelegt, die unter dem Aktenzeichen IX R 11/21 beim BFH geführt wird.